Den „Capex“ kennen wir schon lange. Jetzt aber fällt auf, dass in der Finanzwelt der Begriff „Green Capex“ immer häufiger verwendet wird. Dieser Green Capex steht für Investitionsausgaben, die für Wirtschaftsaktivitäten genutzt werden, die zum energetischen und ökologischen Wandel beitragen. Mehrere Anzeichen lassen einen baldigen Anstieg des grünen Capex bei den Unternehmen vorhersehen.

Die Gesetzgebung dürfte ein wichtiger Faktor für die Umlenkung der Investitionen zugunsten des Klimas sein

Im Pariser Abkommen wird eine Begrenzung der Erderwärmung um 1,5 °C anstrebt. Aktuelle Verpflichtungen im Rahmen dieses Abkommens – wie die Mechanismen der nationalen Klimabeiträge (NDCs) – ermöglichen es, die Ambitionen der Länder für eine Verstärkung ihres klimafreundlichen Handelns zu erhöhen.

Zahlreiche Länder haben sich verpflichtet, bis 2050 CO2-neutral zu werden. Daher sind gesetzliche und fiskalische Entwicklungen zu erwarten, die zu Investitionen in Infrastruktur, Wasser und saubere Energien ermutigen. Im Rahmen des Green Deal für Europa hat die Europäische Union wichtige Maßnahmen wie die Einführung der Taxonomie ergriffen. Sie ermöglicht eine standardisierte Klassifizierung wirtschaftlicher Aktivitäten, die nach wissenschaftlichen Kriterien substanziell zur Umsetzung von Umweltzielen beitragen, um so ein finanziell nachhaltiges Ökosystem aufzubauen.

Laut der Europäischen Kommission sind in Europa jährlich 350 Milliarden Euro erforderlich, um das Ziel einer Treibhausgasreduzierung um 55 Prozent bis 2030 zu erreichen. Daher ist es unerlässlich, private Finanzströme in nachhaltige Aktivitäten zu lenken.

Investitionen in Höhe von 6 000 Milliarden Dollar pro Jahr sind erforderlich, um die Welt CO2-frei zu machen

Laut einer Studie von Goldman Sachs sind bei derzeitigem Stand jedes Jahr nicht weniger als 6 000 Milliarden Dollar Investitionen erforderlich, um die Welt CO2-frei zu machen, auf den Wasserbedarf einzugehen und Transport und Infrastruktur zu verbessern (in der Zeit von 2016 bis 2020 waren es dagegen noch 3 200 Milliarden Dollar).

In den USA mobilisiert der Inflation Reduction Act (IRA) 433 Milliarden Dollar an Investitionen. Davon wurden 369 Milliarden Dollar der Energiewende zugewiesen. Der IRA ermöglichte die Einführung von Steuergutschriften, Subventionen und anderen politischen Strategien zur Unterstützung für „grüne“ Sektoren wie Elektrofahrzeuge, Solarenergie, Windkraft, Wasserstoff oder auch Kohlenstoffabscheidung. Diese Maßnahmen hatten den sofortigen Effekt, dass die Rentabilitätsschwelle zahlreicher Projekte herabgesetzt wurde, z. B. bei Projekten zur Kohlenstoffabscheidung, bei denen die Schwelle von 85 Dollar auf rund 55 Dollar sank. Seither haben viele Unternehmen umfangreiche Investitionspläne zu diesem Thema angekündigt.

In Europa wird noch immer darüber nachgedacht, einen solchen Plan aufzustellen: Die Europäische Union ruft zur Auflegung eines europäischen Souveränitätsfonds zur Unterstützung von Industrieprojekten auf.¹ Wie dieser Fonds aussehen soll, wurde bisher noch nicht erläutert.

Einige Sektoren dürften von den grünen Investitionen in besonderem Maße profitieren

Einige Sektoren dürften von den grünen Investitionen im besonderen Maße profitieren: erneuerbare Energien, Biokraftstoffe, Wasserstoff und vor allem der Erdölsektor aufgrund des Potenzials bei Investitionen in Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO2; der Bergwerkssektor dank der erforderlichen Investitionen in den Abbau von Rohstoffen wie Kupfer, Aluminium, Lithium, Nickel und Kobalt für die Elektrifizierung von Fahrzeugen; der Halbleitersektor durch den Einsatz von Halbleitern in den Bereichen Energieeffizienz oder Elektrofahrzeuge und der Software-Sektor aufgrund von Automatisierungslösungen.

Grüner Capex als neuer Indikator für verantwortlich handelnde Investoren

Unternehmen, die sich verpflichtet haben, das Pariser Abkommen einzuhalten, müssen derzeit ihre entsprechenden Investitionsbeträge evaluieren. Zwar kommunizieren einige Unternehmen ihren grünen Capex, aber nicht alle geben bekannt, wie hoch diese Zahlen gemessen an ihrem Gesamt-Capex sind. Der Prozentsatz des veröffentlichten grünen Capex im Verhältnis zum Gesamt-Capex scheint uns der geeignete Indikator zu sein, um die Beträge einordnen zu können.

Je größer der Anteil des grünen Capex an den Investitionsausgaben der Unternehmen ist, umso mehr dürfte sich ihre Situation bei den CO2-Emissionen verbessern. Dieser neue Indikator dürfte den Anlegern erlauben, Unternehmen auszumachen, die konkret ihren Willen zeigen, ihre eigene Energiewende sicherzustellen. Unternehmen mit einem hohen Prozentsatz an grünem Capex sind unseres Erachtens in ihrem Sektor besser positioniert, um die Energiewende zu meistern.

Quellen
¹ Europäische Kommission A European Sovereignty Fund for an industry “Made in Europe”
Goldman Sachs Green Capex - Goldman Sachs Making infrastructure happen, 11. Oktober 2021
Goldman Sachs Green Capex: Capturing the Opportunities - 2022 Sustainability And Impact Series

Der Capex, Abkürzung für den englischen Begriff Capital Expenditure, entspricht den Investitionsausgaben von Unternehmen, die den Erwerb von materiellen Anlagen (Immobilien, Fabriken, Maschinen) und immateriellen Anlagen (Technologie, Software oder Ausrüstung) ermöglichen, um damit künftig Rendite zu erzielen.

Warum dürfte der „Green Capex“ der Unternehmen steigen?

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