Der CO2-Abdruck einer E-Mail sei sehr viel größer als der Verbrauch einer Glühbirne, die man mehrere Stunden brennen lässt. Mit dieser Aussage unterstrich die neue französische Ministerin für die Energiewende am 24. Mai den nahezu unsichtbaren, aber wachsenden ökologischen Fußabdruck des digitalen Sektors.

Verschiedene Studien¹ zeigen, dass der digitale Sektor fast 4 Prozent der weltweiten Treibhausgase ausstößt und damit leicht über den Emissionen des Luftfahrtsektors liegt (2019 verursachte der Sektor in Frankreich 2 Prozent der Treibhausgase)! 2040 werden es 7 Prozent sein. Daher ist der Emissionspfad des digitalen Sektors aktuell nicht mit dem im Pariser Abkommen festgelegten 2-°C-Pfad vereinbar.

Hauptszenario für die Treibhausgasemissionen des digitalen Sektors in t CO2e, getrennt nach Untergruppen

Informationsbericht (2019–2020). Senat.

Beim Übergang zu einer CO2-freien Wirtschaft und zu dekarbonisierten Wirtschaftsaktivitäten kann die digitale Umweltverschmutzung nicht ignoriert werden, denn sie ist mit diversen Beeinträchtigungen verbunden:

Es entsteht eine materielle Umweltverschmutzung, die direkt an die Gewinnung und Verarbeitung von Ressourcen gekoppelt ist, die zum Aufbau von Infrastruktur wie Rechenzentren und zur Herstellung von Geräten wie Smartphones oder Computern eingesetzt werden.
Für den Einsatz digitaler Systeme ist Strom erforderlich, dessen wichtigste Quelle weltweit noch immer fossile Energien sind. Diese setzen in hohem Maße Treibhausgase frei.
Zur Berechnung der digitalen Auswirkungen können weitere Umweltfaktoren berücksichtigt werden, so z. B. der Verbrauch von abiotischen Ressourcen oder Wasser².

Während die Klima- und Umweltkrise uns zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen in zahlreichen Sektoren zwingt, ist der digitale Sektor als eine bei der Nutzung nicht wahrgenommene Verschmutzungsquelle ein Thema, das in politischen Diskussionen selten zur Sprache kommt. Der materielle Fußabdruck dieses Sektors nimmt jedoch immer mehr zu. Laut Prognosen³ wird es 2022 fast 4,8 Milliarden Internetnutzer geben (das sind 60 Prozent der Weltbevölkerung) und 28,5 Milliarden vernetzte Geräte (2017 waren es noch 18 Milliarden). Das Gesamtgewicht des weltweit vom Sektor verursachten Mülls beträgt 57 Millionen Tonnen, von denen weniger als 20 Prozent recycelt werden. Der Wert beläuft sich auf 62,5 Milliarden Dollar.

Es gibt jedoch Methoden für eine klimafreundlichere Gestaltung dieses Wirtschaftssektors.

Ein erster Schritt zur digitalen Mäßigung ist über die Steuerung der Anzahl und des Lebenszyklus digitaler Geräte möglich, denn ihre Herstellung ist die Hauptursache der Umweltauswirkungen.

Lösungen für diese Problematik bestehen in der schrittweisen Einführung von Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft wie Ökodesign, Reparierbarkeit, Recyclingfähigkeit oder auch Wiederaufbereitung der Geräte. Einige Unternehmen wie z. B. Orange folgen dieser Logik. Ausdruck dafür ist die Entwicklung des „RE“-Programms, mit dem der Konzern die Öffentlichkeit für die Umweltauswirkungen von Mobiltelefonen sensibilisieren und die Unternehmensstrategie für das Sammeln und Wiederverwenden von Mobiltelefonen ausbauen möchte. Eine ähnliche Initiative startete die Deutsche Telekom.

Ein weiterer Schritt hin zur digitalen Mäßigung besteht in der Steuerung der Nutzung.

Aus einer von The Shift Project⁴ durchgeführten Studie entnehmen wir beispielsweise, dass allein Onlinevideos⁵ für fast 60 Prozent der weltweiten Datenströme und für mehr als 300 Millionen Tonnen CO2 verantwortlich sind. Die Umweltkrise führt zu einem besseren Umgang mit den Ressourcen der Erde, der sich an den Grenzen unseres Planeten orientiert. Genauso ist aber im digitalen Bereich eine vernünftige Zuweisung der Ressourcen für bestimmte Verwendungszwecke zwingend geboten. Auch wenn die Methode für die Bestimmung der Umweltauswirkung einer digitalen Aktivität derzeit noch nicht perfekt ist, ist sie eng mit dem Energiemix eines Landes verknüpft. Betrachtet man die Situation weltweit, dann setzt sich der Energiemix hauptsächlich aus fossilen Energien⁶ zusammen. Dieser Problematik haben sich einige Akteure bereits vorausschauend angenommen. So bietet der französische Mobilfunkanbieter Bouygues einen Tarif an, bei dem er jedes nicht verbrauchte Gigabyte in Euro umwandelt. Diese fließen einem Verein zu, den der Anwender selbst bestimmen kann. Auch Capgemini hat sein Angebot für Geschäftskunden mithilfe von „sustainable IT“ ausgeweitet.

Die Gesetzgebung beschäftigt sich nun ebenfalls mit diesem Thema.

In Frankreich beispielsweise weist das Gesetz zur Verringerung des digitalen ökologischen Fußabdrucks allen Akteuren der digitalen Welt Verantwortung zu – vom Produzenten bis hin zum Verbraucher. Kürzlich wurde auf europäischer Ebene beschlossen, bis Mitte 2024 ein einheitliches Ladekabel für elektronische Geräte einzuführen. Damit sollen Jahr für Jahr 11 000 Tonnen Elektroschrott eingespart werden.

In einer zunehmend digitalisierten und energiehungrigen Welt stellt die digitale Umweltverschmutzung durch die vermehrte Nutzung von immer mehr internetfähigen Geräten eine zunehmende Bedrohung für das Klima dar. Kreislaufwirtschaft, Ressourcenmanagement und die Sensibilisierung der Verbraucher sind zwar Lösungen für eine CO2-sparendere Gestaltung des Sektors, doch wird dazu ein gesetzgeberischer Rahmen benötigt. Als Anleger versuchen wir, Unternehmen zu identifizieren, die Lösungen für einen Beitrag zur Eindämmung der Treibhausgasemissionen im Sektor bieten. Denn diese Emissionen sind zwar nicht sichtbar, aber dennoch schädlich.

Quellen:
¹ Agence Science-Presse, Consommation numérique et GES : la fabrication pire que l’utilisation ? [Digitaler Konsum und Treibhausgase: Ist die Herstellung schädlicher als die Nutzung?], 2022
² GreenIT.fr Frédéric Bordage, Empreinte environnementale du numérique mondial [Der ökologische Fußabdruck der digitalen Welt], September 2019
³ Ademe und Arcep, Evaluation de l’impact environnemental du numérique en France et analyse prospective [Bewertung der digitalen Auswirkungen auf die Umwelt in Frankreich und prospektive Analyse], 2022.
⁴ The Shift Project, « Climat : l’insoutenable usage de la vidéo en ligne » : le nouveau rapport du shift sur l’impact environnemental du numérique [„Klima: Die unerträgliche Nutzung von Onlinevideos“: der neue Shift-Bericht zu den Auswirkungen der digitalen Welt auf die Umwelt], Juli 2019.
⁵ Zu den Onlinevideos zählen Video-on-demand (VoD), Pornovideos, Musikvideos und Videos in den sozialen Netzwerken.
⁶ 2020 lag der Anteil fossiler Energien bei 83,1 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs. Die erneuerbaren Energien einschließlich Wasserkraft machten 12,6 Prozent aus und Atomkraft 4,3 Prozent.

Digitale Umweltverschmutzung ist nicht sichtbar, aber schädlich

Dernières Actualités