Die wachsende Aufmerksamkeit für die Gleichstellung von Frauen und Männern sowie die erhöhte Zahl an Frauen in Führungspositionen sind zu sozioökonomischen Schlüsselfaktoren geworden, für die sich immer mehr Anleger interessieren.

Laut jüngsten McKinsey-Studien erreichen Unternehmen, die sich um mehr Diversität in ihrer Geschäftsleitung bemühen, eine bessere finanzielle Performance.

Stärker diversifizierte Unternehmen sind besser in der Lage, die größten Talente für sich zu gewinnen, die Zufriedenheit der Mitarbeiter zu erhöhen und die Entscheidungsfindung zu verbessern. Daraus entsteht eine sich selbst verstärkende Dynamik wachsender Renditen. Unternehmen, die bei der Geschlechtervielfalt im oberen Quartil abschneiden, haben eine größere Wahrscheinlichkeit, eine finanzielle Rendite zu erzielen, die landesweit über dem Median ihres jeweiligen Sektors liegt (Grafik 1, Quelle: McKinsey).

Auch auf das Markenimage des Unternehmens wirkt sich die Gleichstellung von Frauen und Männern aus. Das Risiko für die Reputation ist hoch: Die Zahl der Rechtsstreitigkeiten in Verbindung mit der Gender-Ungleichheit hat sich in drei Jahren versechsfacht (Grafik 2; Quelle: RepRisk).

Die Unternehmen nehmen daher diese gesellschaftlichen Fragen immer häufiger in ihren Fahrplan auf. Sie verfolgen verstärkt Diversity-Ziele, d. h. insbesondere eine höhere Repräsentation von Frauen auf allen Ebenen und eine Verringerung der Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern. Der internationale Jahresbericht 2021 von Equileap¹ zur Gleichstellung der Geschlechter weist jedoch aus, dass zwar die Mehrheit der Konzerne über eine Antidiskriminierungsstrategie verfügt, jedoch keiner wirklich das Gehaltsgefälle zwischen Frauen und Männern überwunden hat. Nur zehn der untersuchten Unternehmen² erreichen auf allen Ebenen eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter (Aufsichtsrat, Geschäftsleitung, Führungskräfte und Mitarbeiter).

Die Einführung von Indizes und Quoten stärkt die Rolle der Frau im Unternehmen, aber trotz Sanktionen fallen die Ergebnisse unterschiedlich aus.

Gemäß der jüngsten Bilanz des Index für berufliche Gleichstellung von Frauen und Männern³ erzielten 98 Prozent der Unternehmen Fortschritte (insbesondere bei der Erhöhung der Rate von Frauen, die aus dem Mutterschutz zurückkehren, und bei der Präsenz von Frauen unter den zehn bestbezahlten Mitarbeitern). Aber nur ein Viertel der Unternehmen zählte mindestens vier Frauen unter den Top Ten der bestbezahlten Mitarbeiter.

In Frankreich war das Copé-Zimmermann-Gesetz, das eine Frauenquote von 40 Prozent für Verwaltungsräte vorschreibt, ein Erfolg. Denn derzeit sind 45,8 Prozent der Verwaltungsratsposten durch Frauen besetzt, während es 2010 vor Einführung des Gesetzes nur 12,5 Prozent waren. Der französische Hohe Rat für Gleichstellung HCE fordert dazu auf, diese Maßnahmen auf Vorstände und Geschäftsleitungen auszuweiten. In den französischen Unternehmen des Index SBF120 sind derzeit nur 22 Prozent der Vorstandsmitglieder Frauen.

Frankreich ist nicht das einzige Land, das sich mit der Quotenfrage für Vorstände beschäftigt. Im vergangenen November führte die deutsche Regierung eine verbindliche Quote für die Vorstände börsennotierter Unternehmen ein: Sobald ein Vorstand aus drei Mitgliedern besteht, muss eines davon eine Frau sein. Nur Großbritannien stellt eine Ausnahme dar. Hier sind 36,2 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder Frauen, ohne dass ein verbindliches Quotensystem besteht.

Somit lässt sich eindeutig feststellen: Starke gesetzliche Regelungen führen zu mehr Gleichstellung der Geschlechter im Unternehmen.

Gemäß einer neuen Studie des Weltwirtschaftsforums⁴ wird die Covid-19-Pandemie die Gender-Parität um eine Generation verzögern. Mit einer zuträglichen Gesetzgebung und dem Engagement aller Stakeholder hat das Thema für die Unternehmen jedoch Priorität erlangt und wird weitere Fortschritte machen.

¹Der vierte internationale Jahresbericht 2021 von Equileap zur Gleichstellung der Geschlechter listet die Top 100 der Unternehmen auf, die die besten Ergebnisse bei gleicher Entlohnung, Repräsentation von Frauen auf allen Ebenen des Unternehmens, bezahlter Elternzeit und Strategie im Kampf gegen sexuelle Belästigung erzielen. 19 verschiedene Kriterien wurden von Equileap zugrunde gelegt, um ein Ranking für 3702 Unternehmen auf 23 Märkten zu erstellen.
²Folgende zehn Unternehmen wurden in der Equileap-Studie gelistet: AIB Group, Air New Zealand, Assura, Coty, DNB, Gecina, Mercialys, Hang Seng Bank, Klovern und Wallenstamp.
³Index für berufliche Gleichstellung von Frauen und Männern (auch unter den Namen Egapro-Index oder Gleichstellungsindex bekannt) ist ein Barometer für die Geschlechterdiskriminierung. Seit einem Jahr haben Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern die Pflicht, am 1. März ihren Gleichstellungsindex zu berechnen und zu veröffentlichen (die maximale Punktzahl beträgt 100). Sehr große Unternehmen sind bereits seit zwei Jahren dazu verpflichtet.
Dabei werden vier bis fünf Indikatoren berücksichtigt, die jeweils eine gewisse Punktzahl beitragen: Gehaltsunterschied, Unterschied bei Gehaltserhöhungen, Unterschied bei den Beförderungen (in Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern), Prozentsatz der Mitarbeiterinnen, die bei Rückkehr aus dem Mutterschutz eine Gehaltserhöhung erhalten, Parität bei den zehn bestbezahlten Mitarbeitern.
⁴Global Gender Gap Report 2021. Die Studie wurde am 30. März 2021 veröffentlicht.

So wurde die Gleichstellung von Frauen und Männern zum wesentlichen Faktor für das „S“ in ESG

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