China ist heute der größte CO2-Emittent der Welt und erzeugt etwa doppelt so viel Emissionen wie die Vereinigten Staaten und mehr als 30-mal so viel wie Frankreich.

Die CO2-Emissionen pro Einwohner sind in China zwar nach wie vor geringer als in manchen Industrieländern, doch die absolute Menge seiner Emissionen (28 Prozent der weltweiten Emissionen) zeigt, dass der Erfolg des ökologischen Wandels auf globaler Ebene in hohem Maße von Chinas Streben nach Kohlendioxidneutralität abhängen wird.

Im September kündigte der chinesische Präsident Xi Jinping auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen an, dass das Land den Höhepunkt seiner Kohlendioxidemissionen vor dem Jahr 2030 überschreiten werde und sich sein Land verpflichte, bis zum Jahr 2060 kohlendioxidneutral zu werden. Dieses ehrgeizige Ziel lässt sich nur durch tief greifende Veränderungen in drei Sektoren erreichen: Energieerzeugung, Industrie sowie Transport und Verkehr.

Chinas Strategie der Energieerzeugung scheint dabei nicht ganz eindeutig. Seit Beginn des Jahres 2020 hat die chinesische Regierung den Bau von mehr Kohlekraftwerken genehmigt als jeweils in den Jahren 2018 und 2019. Gleichzeitig ist das Potenzial von Wind- und Sonnenenergie zur Erreichung der Kohlendioxidneutralität gigantisch: Ende 2019 waren 213 GW Sonnenenergieund 231 GW Windenergiekapazitäten installiert – dabei müsste China bis zum Jahr 2060 Kapazitäten von 2.200 GW (Sonne) und 1.700 GW (Wind) erreichen.* Der bei Vertragsabschlüssen zu beobachtende Preisverfall bei ökologischer Energie spricht dafür, dass sich ihre Einführung auch ohne staatliche Subventionen beschleunigen wird. Dies wird unter anderem dem chinesischen Solarmodulhersteller Longi und dem ebenfalls chinesischen indkraftanlagenhersteller Goldwind zugutekommen.

Die Elektrifizierung des Transportwesens wird für das Neutralitätsziel ebenfalls von entscheidender Bedeutung sein, sofern der Strom aus kohlendioxidfreien Quellen kommen wird.

Schon jetzt ist China der größte Hersteller von Batterien für Elektrofahrzeuge, unter anderem dank Unternehmen wie CATL und BYD. Außerdem verfügt das Land über die weltgrößte mit Brennstoffzellen betriebene Nutzfahrzeug- und Busflotte. Das kanadische Unternehmen Ballard Power liefert durch seine Kooperation mit Weichai die Technologie für circa 45 Prozent der chinesischen Flotte. Die Perspektive steigender Batteriewirkungsgrade und sinkender Batteriepreise wird dazu führen, dass die Gesamtkosten für den Besitz von Elektrofahrzeugen wettbewerbsfähiger werden als bei Fahrzeugen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden – dies würde das wichtigste derzeitige Kaufhemmnis beseitigen. So kündigte beispielsweise der amerikanische Elektroautohersteller Tesla an, er wolle die Kosten für die Stromspeicherung bis zum Jahr 2025 um 56 Prozent senken.

Um kohlendioxidneutral zu werden, muss China allerdings noch mehr tun, wobei die Dekarbonisierung der Industrie am schwierigsten sein wird. Die Erzeugung von Stahl, von anderen Metallen wie Aluminium und Kupfer sowie von chemischen Produkten und Zement sorgt für die meisten Emissionen und ist für 90 Prozent des Energieverbrauchs in China verantwortlich.

Wasserstoff wird von der EU als Molekül im Dienste einer sauberen Wirtschaft betrachtet, und die Entwicklung von grünem Wasserstoff ist eine entscheidende Etappe auf dem Weg zur Kohlendioxidneutralität.

In China kosten die für die Produktion von grünem Wasserstoff verwendeten Elektrolyseure nur ein Sechstel bis die Hälfte dessen, was sie in den westlichen Ländern kosten, und dies verschafft dem Land einen Vorsprung bei der Entwicklung von grünem Wasserstoff, der wettbewerbsfähiger ist als grauer Wasserstoff aus fossilen Quellen. Zudem lockt die hohe Nachfrage nach grünem Wasserstoff europäische Akteure an, zum Beispiel den Wasserstoff-Weltmarktführer Linde, der mehrere Verträge unterzeichnet hat und in China gut aufgestellt ist.

Wie sich Chinas ambitioniertes Ziel der Kohlendioxidneutralität bis 2060 auf den Rest der Welt auswirken wird, hängt also davon ab, auf welche Weise das Land diesen Weg beschreitet. Die Bekanntgabe des 14. Fünfjahresplans für den Zeitraum 2021–2025 wird der chinesischen Regierung die Gelegenheit geben zu zeigen, dass ihr Plan über diesen langen Zeitraum hinweg Bestand haben wird.

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